Lyon: ZAC de Confluence



Die Landzunge zwischen Rhone und Saone liegt etwas abseits der Zentren von Lyon, der Bahnhof Lyon Perrache mit seinen Zufahrtsstraßen schneidet sie zusätzlich vom Zentrum ab. Dem entsprechend war es früher ein Unort, besetzt von Eisenbahninfrastruktur, einem Gefängnis und Lagerhäusern. Man ging vor wie üblich: Ein Prestigebauwerk als Magnet, eine neue Straßenbahnlinie und ein paar schick glitzernde Architektur-Juwelen. Allerdings sieht man bei diesem Projekt gut, dass das nicht unbedingt genug ist. Obwohl die räumlichen Bedingungen eigentlich interessant wären - gleich zwei Flussufer, dazu ein altes Hafenbecken, der Zusammenfluss, alte Bausubstanz, die die Neubauten auflockert - wirkt das Neubauviertel deutlich schwächer als manche andere in Frankreich. Das große Einkaufszentrum inclusive Kino sorgt zwar für genug Fahrgäste in der Tram, verhindert aber zuverlässig das Entstehen kleinteiliger Einzelhandelsstrukturen. Das Hafenbecken könnte schöner Treffpunkt sein, ist aber etwas zu steril; unter den Wohnhäusern liegen Tiefgaragen, die Innenhöfe sind daher nur über Stiegenanlagen zu erreichen, ähnlich wie bei der Wiener Seestadt. So gibt es auch hier Wohnungen unter Umgebungsniveau, auch wenn sie eigentlich einige Meter über der Straße liegen, mit wenig brauchbaren Terrassen. Die Platzräume wirken uninspiriert. Darüber hinaus scheint die Eisenbahnstrecke direkt durch das Viertel problematisch; die Triebwagen huschen zwar fast lautlos über die Dämme und Brücken, die Güterzüge sind weniger diskret. Zusätzlich entwertet die Autobahn Paris-Marseille am Ufer der Rhone die Ostkante der Halbinsel.

Oben: Die erhöhten Höfe sind nicht öffentlich, sie wirken steril und sind nur über Stiegen oder groteske Rampen erreichbar. Unten: Auch die Gestaltung der öffentlichen Räume ist im Vergleich zu anderen französischen Projekten unterdurchschnittlich.

Unten: Die Großstruktur des Einkaufszentrums wendet dem Hafenbecken den Rücken zu, entsprechend unbelebt ist der Kai. Die Promenade gegenüber auf der Sonnenseite hat mehr Potential. Rechts: Die Bahnstrecke durch das Wohngebiet.

Interessanter wird es am Kai der Saone, hier wurden früher Schiffe entladen. Ein alter Zuckersilo wurde umgebaut, hier finden nun Kunstausstellungen statt; entlang des Kais gibt es einige nette Lokale. Nicht weit davon stehen zwei schrille Kuben der Architekten Jakob + Macfarlane, die zwar auf jedem Architekturmagazin abgebildet wurden, aber vor allem auf sich aufmerksam machen wollen. Ähnliches gilt auch für das Leuchtturmprojekt von Coop Himmelb(l)au, das vor allem eines ist: zu teuer. Statt 60 kostete es 300 Millionen, die Eröffnung war fast zehn Jahre verspätet; wird es vom Fotografen nicht trickreich in Szene gesetzt, wirkt es aussen wie eine Mischung aus Eisberg und Stealth-Bomber, und innen wie eine Leistungsschau heutiger CAD-Planung: Kompliziert um jeden Preis, bei leider überschaubarer Eleganz.



Alle Viennaslide-Fotos der ZAC Lyon Confluence

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Letzte Änderung: 24.10.2022