Im März 2004 wurden bei einer Ausstellung Verlängerungsvarianten der U2 ins Arsenal gezeigt. Inzwischen ist diese Planung obsolet, das Projekt wird derzeit nicht weiter verfolgt. Untenstehender Artikel ist also veraltet und hat nur historischen Wert.
Ich selbst bin ja, wie allseits bekannt, gegen den U-Bahn-Bau "nach Wiener
Art". Es gäbe in Wien noch einige wenige Achsen, die eine U-Bahn eventuell
rechtfertigen würden, zB die Strecke 43 (= U5) entlang der Alser Straße. Obwohl ich auch hier nicht
dafür bin, würden die bestehenden Fahrgastzahlen + Neuverkehr doch eine
gewisse Auslastung garantieren.
Die "Wiener Art" ist allerdings, Hochleistungs-U-Bahn-Achsen in Gegenden zu
legen, die dünn bis kaum besiedelt sind und eine flächenhafte Erschließung
viel eher benötigen würden; man versucht hier, neue Stadtentwicklungsgebiete
aufzuschließen. Allerdings warten innerstädtisch bereits eine Reihe von
solchen Gebieten auf Bebauung: Nordbahnhofgründe, Aspanggründe
("Euro-Gate"), etc.; andererseits wuchern Entwicklungszonen ohne besonderen
ÖV-Anschluss wie zB Wienerberg, "Monte Laa" und weitere. Hier verzettelt man
sich offensichtlich, da der Bedarf bei weitem nicht vorhanden ist, in all
diesen Gebieten neue Stadtteile zu entwickeln. Da die Fahrgäste für neue
U-Bahn-Strecken also fehlen, folgen sie bestehenden Tramwaylinien und
zwingen die Kurzstreckenfahrgäste in den Untergrund - bei wesentlich
längeren Zugangswegen. Die U2 entlang der Messe wird sogar von der
bestehenden Bebauung wegverlegt - die Anwohner werden sich freuen, wenn sie
zB vom Elderschplatz künftig erst 500 Meter gehen dürfen, um dann 1 Station
zum Praterstern zu fahren.
Eine Schnapsidee ersten Ranges, die sich in den letzten Monaten leider immer
mehr konkretisiert hat, ist die Verlängerung der U2 nach Süden, ins Arsenal
und in die angedachten neuen Wohngebiete in der Südbahnhofgegend. Derzeit
werden einige Varianten geprüft, wobei Var. 1 (auf den Plänen in Blau) schon
eher vom Tisch ist. Die neue Strecke soll vom Karlsplatz kommend eine
Station in der Gegend Schwarzenbergplatz bekommen und danach über "Eurogate"
und Arsenal in den 10. Bezirk schwenken, wo sie später mit der U1 verknüpft
werden soll.
Meine grundlegende Kritik (Pläne dazu weiter unten):
Die eben neugebaute Wendeanlage am Karlsplatz wäre obsolet und müsste schon
wieder komplett umgebaut werden, da die U2 den Wienfluss unterqueren muss.
Aufwendigste Neubauten wie zB die Röhre des Abstellgleises im (!)
Wiederlager der Wienflusseinwölbung wären nach nur 10 Jahren Nutzungsdauer
verloren.
Die erste Station "Schwarzenbergplatz" liegt recht nahe am Karlsplatz, die
Einzugsgebiete (500 Meter) überlappen sich stark.
"Rennweg" ist bereits mit der Schnellbahn erschlossen, eine Verknüpfung ist
allerdings wohl notwendig. Danach folgt die Linie der S7 und erhält im
"Eurogate" eine Station, die praktisch neben der derzeit kaum genutzten
Station "St Marx" liegen wird. Ähnliches würde man allerdings mit einer
Verlegung des 18ers quer durchs Aspanggelände auch erreichen.
"Arsenal" macht wohl nur Sinn, wenn es dort zu starker Neubebauung kommt -
das nächste Entwicklungsgebiet, wobei das "alte" Arsenal das größte
geschlossene & denkmalgeschützte Ensemble aus der kuk-Zeit ist. Wie
wünschenswert gerade dort ein nächster "Hochhauspark" ist, kann man also
hinterfragen. Die derzeitigen Bewohner haben Schicker bei einer
U2-Präsentation schon mal recht unfreundlich empfangen - die wollen nämlich
keine U-Bahn!
"Stadtteil Südbahnhof" wäre noch am ehesten plausibel, allerdings wäre auch
für diese Gegend ein Kurzstreckenverkehrsmittel besser geeignet, das das
Areal flächig erschließt und mit bestehenden Bezirkszentren (Reumannplatz)
verklammert.
Ansonsten ist es natürlich relativ unfassbar, dass die neue U2 den Zentralbahnhof nicht
berührt - hier hat man aus dem Fehler mit der U1 nichts gelernt.
Ebenfalls Wahnsinn ist, dass die Haltestelle "Blamauergasse" der Schnellbahn
nun im Schweizergarten statt zwischen Eurogate und bestehender Bebauung
vorgesehen ist - entweder fürchtet man Konkurrenz für die U2, oder eine
Überversorgung der Gegend. Jedenfalls ist das der mit Abstand ungeeignetste
Platz für eine Schnellbahnstation. Die praktisch neuen Stationen "Rennweg" und "St.Marx" sind übrigens in keiner Weise für Verknüpfungen zur U2 vorbereitet.
Hier die Pläne der derzeit wahrscheinlichsten Variante. Man beachte auch die neue Schnellbahnstation im Schweizergarten!
Verwandtes Thema: Alternative Linie 18 als Erschließung "Eurogate"
Verwandtes Thema: Alternatives Verkehrsnetz Zentralbahnhof/Arsenal
Die Hintergründe all dieser Machenschaften sind natürlich völlig unklar - Es
gibt hier sicher keine massive Geldflüsse von der Baulobby zur Politik, die
Grundstücksaufwertungen durch geschenkten U-Bahn-Anschluss plus
Gefälligkeitsaufzonungen plus Hochhauswidmungen sind sicher Zufall, und
überteuerte Inserate der Baulobby in SPÖ-nahen Medien eines Verlages in der
Leberstraße haben auch sicher nichts mit Parteifinanzierungen zu tun. Genauso hat auch die
Südverlängerung der U1 sicher nichts mit einem von Magna-Stronach dort
geplanten neuen Stadion zu tun...
Den Schwenk von der bis vor kurzem bevorzugten U5/Alser Straße zur Arsenalverlängerung
erklärt ein Insider übrigens damit, dass die ÖVP die U5 zu laut gefordert
hat und man sie daher nicht bauen möchte. Jaja, die Wege der Verkehrspolitik
sind ähnlich verschlungen wie die Trasse der U2... Immerhin richtet diese
weniger Schaden im bestehenden Verkehrsnetz an als die U5.
Die Herumbastelei mit den Stationslagen zeigt, wie ungeeignet eine U-Bahn
für diese Erschließungsaufgaben ist. Auffallend übrigens, dass mit 500-Meter-Einzugsgebieten gerechnet wird - bei früheren Planungen anderer Linien wurden 300 Meter als Zone fußläufiger Erreichbarkeit angenommen. Offensichtlich versucht man hier, die potentiellen Fahrgastmengen zu schönen. Rechnet man mit aber mit diesen
500-Meter-Errschließungsbereichen, ist es recht schwer die neuen Stationen
in den Stadtplan so einzupassen, dass sie nicht in bereits versorgten
Gebieten zu liegen kommen. Andererseits machen die Trassierungsparameter (80
km/h) die U-Bahn-Trasse so steif, dass sie sich nicht flexibel genug den
Bedürftnissen anpassen kann. Man spielt hier das klassische Betontheater der
60er Jahre, Light Rail und andere (nicht mehr so) neue Entwicklungen werden
in Wien ned amoi ignoriert. Man sieht in diesen Planungen auch, wie falsch
es war, die U3 nicht in die Hauptachse des 3. Bezirks
(Landstraße/Simmeringer Hauptstr.) zu legen - nun will man das ebenfalls neu
geplante Gewerbegebiet beim Schlachthof St Marx auch irgendwie an die U2
anhängen, die damit dort immer mehr nach Norden wandert.
Für die im Verkehrsmasterplan genannten Straßenbahnverlängerungen hingegen
gibt es bis dato keinerlei Vorarbeiten, die werden also wohl sanft
entschlummern; den dringend nötigen 1er zum Wienerberg lehnt zB die
Bezirksvorstehung des 10. ab, das Argument ist, man könne den Anrainern der
Wienerbergstraße keine laute Tramway zumuten - an einer 4-Spurigen
Durchzugsstraße! Aber solange dieselbe BV der Auffassung ist, es sei ein
Recht der Menschen, 2 Autos zu besitzen, das man auch nicht einschränken
darf, ist eh Hopfen & Malz verloren. Auch die Schnellbahn spielt weiter eine
Nebenrolle.
Was noch? Aja - entgegen den veröffentlichten Jubelstatistiken hat der
Öffentliche Verkehr in den letzten Jahren angeblich ca 10% Fahrgäste
verloren - Wien ist damit einsame Negativspitze im europäischen Vergleich.
Auch stark reduziert wurde seit 1995 der Fußgängeranteil an den gesamten
Wegen - ein Indiz dafür, dass Wohn- und Arbeitsplatz bzw Zonen sonstiger
Aktivität immer mehr auseinanderfallen. Alle Absichtserklärungen betreffend
eine kompakte Stadt der kurzen Wege sind also nur Lippenbekenntnisse.
Weil diese ganze Planung doch recht absurd ist, habe ich das Projekt 2004 zur Grundlage des jährlichen Aprilscherzes gemacht - viel Spaß!
Verwandtes Thema: Alternatives Verkehrsnetz Arsenal
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